Dass oder das, Kommasetzung und ß sind schon lange nicht mehr die einzigen Auswüchse, die mir in der Rechtschreibung auffallen. Hier zeige ich die Abwandlungen deutscher Sprache, die mich am meisten auf die Palme bringen. Natürlich schreibe ich hier auch oft Müll, sowohl inhaltlich als auch grammatikalisch. Das ist mir klar. Ich möchte nicht perfekt sein aber so gut, dass ich es vertreten kann.

Genitiv

Daran haben wir uns fast schon gewöhnt. Mein Deutschlehrer hat uns diesen Fall damals so eingehämmert, dass es mir immer noch jedes mal auffällt, wenn jemand stattdessen den Dativ benutzt.

Beispiel: Wir sind wegen dem schlechten Wetter zu Hause geblieben.

Innerlich stirbt jedes mal ein Teil von mir, weil man ja wissen sollte, dass es "[...] wegen des schlechten Wetters [...]" heißt. Leider weiß das eben nicht jeder. Selbst im Büroalltag bekommt man Mails, in denen der Dativ überrepräsentiert ist. Zugegebenermaßen ist der semantische Wert irgendwie auch derselbe. Das sorgt natürlich am Ende auch für Akzeptanz und dafür, dass es auch kaum noch jemand zu wissen braucht. Allerdings klingt die korrekte Anwendung des Genitivs in meinen Ohren eloquent.

"ein" statt "einen"

Bei diesem Phänomen ist mir die Herleitung nicht unbegreiflich, dennoch wurmt mich diese Entgleisung.

Beispiel: Ich brauche ein neuen Gasgriff für mein Roller.

Das ist vermutlich damit zu erklären, dass wir geneigt sind, die End-Silben verschiedener Worte zu verschlucken. So wird alles was auf "einen" endet, um die Endsilbe gekürzt. Gewisserweise irgendwie verständlich, da sie keinen semantischen Wert beinhaltet, trotzdem fühlt es sich falsch an, etwas dieser Art zu lesen.

Präposition fällt weg

Welch widerlicher Auswuchs:

Beispiel: Komm, wir gehen Rewe.

Außer, dass es zu den Abwandlungen der Sprache gehört, die man vor mehr als 10 Jahren als "Kiezsprache" deklariert hat, kann ich darüber nicht mehr sagen. Tatsächlich fällt die fehlende Präposition im Beispiel nicht dem semantischen Wert dieser Aufforderung zum Opfer.

Deppenleerzeichen

Dieses Phänomen begegnet einem so oft, dass es kaum noch auffällt. Dinge, die nach deutscher Rechtschreibung zusammengeschrieben werden, werden getrennt.

Beispiel: Der Uhren Hersteller Käsio hat ein neues Modell herausgebracht.

Natürlich sollte "Uhrenhersteller" hier zusammengeschrieben werden. Ich weiß nicht woher der Trend kommt, das auseinanderzuschreiben, tippe aber auf den breiteren Gebrauch der englischen Sprache, bei der Wortzusammensetzungen so gut wie nie vorkommen. Die haben halt auch nicht den Oberweserdampfschifffahrtsgesellschaftskapitän.

Leerzeichen vor Satzzeichen

Beispiel: Ich denke nicht , dass ich heute abend noch vorbeikomme !

Mach das bitte nicht. Das kann mal passieren aber manche Menschen machen das ja mit Abschicht. Wie kommt man auf die Idee, dass da ein Leerzeichen hingehört? Wann fängt man an, sich daran zu gewöhnen, dass das richtig aussieht?

"nh" statt "ne"

Die Verwendung von "ne" als Abkürzung für "eine" mag ja bereits umstritten sein. In Foren am Rande des Internets habe ich in letzter Zeit öfter Screenshots von Nachrichtenverläufen gesehen, wo "nh" anstelle von "ne" vorkam.

Beispiel: Bring mir nh Flasche Cola mit!

Was zur Hölle ist der Hintergrund? Es ist weder kürzer zu tippen, noch ergibt es irgendeinen Sinn. Abgesehen davon, dass der Text schwieriger zu verstehen ist. Trotzdem hat sich "nh" scheinbar in verschiedenen Kreisen mit jungem Durchschnittsalter ausgeprägt. Hoffentlich verschwindet das wieder.

"sch" statt "ch"

Beispiel: Isch ficke disch!

Dieses Phänomen findet oft eher im gesprochenen als im niedergeschriebenen Wort Anwendung. Keine Ahnung, wo es herkommt. Von mir aus kann es da auch wieder hin.

Bonusinfo: Was klingt wie ein zärtlicher Annäherungsversuch ist in diesem Fall vermutlich eher eine Androhung von Gewalt oder so.

Fazit

Auf der einen Seite fühlt es sich einfach falsch und beklemmend an, obige Beispiele zu lesen und Evidenz für deren allgemeine Verwendung zu finden. Allerdings kann ich mich einigermaßen an die Aussagen meiner Eltern erinnern: "Das wurde früher noch anders geschrieben." Das hat mich damals auch wenig gestört und ich habe mit Freude (ok, das ist gelogen) die neue Rechtschreibung gelernt.

Sprache ändert sich. Das war schon immer so und es wird mit zunehmender Kommunikationsmenge in Schriftform vermutlich auch eher schneller gehen als stagnieren. Ist es gut, dass die Sprache automatisch zu einer effizienteren Form ihrerselbst wird? Mh.. Der Programmierer in mir mag Einfachheit und muss das bejahen. Weniger, um dass man sich Gedanken machen muss beim kommunizieren. Eigentlich eine gute Sache.

Dem entgegen steht das Jonglieren mit Worten, das mir durchaus Spaß macht und verloren gehen würde. Naja, dann machen wir es einfach so, wie es schon immer ist: Es gibt die Bildungssprache, da kann man mit Worten, Fällen und Satzstellungen im Rahmen bestimmter Regeln experimentieren, bis einem schlecht wird. Und dann gibt es die Goss.. ähm... Alltagssprache. Die ist halt weniger beständig und wandelt sich schneller. Da machts dann die Mischung.


Die Tatsache, dass mir Sachen auffallen, die für meine bescheidene Wahrnehmung so dermaßen falsch sind, bringt mich unweigerlich zur Erkenntnis, dass ich alt bin. Der Prozess des Lernens und des Offenseins für Neues ist für mich abgeschlossen. Irgendwo las ich, dass man so ca. mit 30 Lebensjahren die Grenze des Aufgeschlossenseins passiert und Anpassung an neue Dinge schwerer fällt.

Ja moin, dann geht es jetzt los! Der Weg ist geebnet, ein rückgewandter, alter Mann zu werden, der schimpfend den Gehstock hochhält, wenn ein Moped mit zu lauter Tröte vorbeidonnert. Das wird spitze!