Bei Technik und ihren Anwendungsgebieten geht es darum, dass sie uns Arbeit abnimmt und wir dadurch mehr Zeit haben für Dinge, die wir tun wollen. Dasselbe Ziel hat die Industrialisierung bereits gehabt. Da kam ja bekanntermaßen auch nur Gutes raus. Die 40 Stunden Woche zum Beispiel.

So ist es jetzt bei der Technik auch. Morgens geht der erste Griff zu einem flachen Gerät, das uns bereits verpasste Informationen verkündet. Dieses Gerät, das Orwell 1948 in seinem damaligen Zukunftsroman "1984" als Teleschirm bezeichnete, ist nun mobil und es wird freiwillig genutzt, ganz wie von Orwell beschrieben. Wir nutzen es am Tag 3,4 Stunden aktiv, haben es allerdings die ganze Zeit dabei, wobei es munter weiter Daten versendet. Nun haben wir hier in Deutschland kein Überwachungsorgan, das uns damit bewusst manipuliert (zumindest gibt es dafür keine stichhaltigen Beweise, anderes Thema...) aber dafür große Technologiekonzerne, die zumindest bereits das "Überwachen" übernehmen. Daten, die laut AGB der verschiedenen Hersteller als "Diagnosedaten, um ein besseres Nutzungserlebnis zu garantieren" (oder Ähnlich) beschrieben sind und jederzeit gesammelt werden, kann man natürlich auch als Massenüberwachung einsetzen. Ein Schelm, wer böses dabei denkt. Wenn man das Auge mal nach Fernost richtet, sieht die Sache natürlich deutlich kritischer aus.

Nun laufen wir also täglich mit diesem Teil in der Tasche rum und haben uns angewöhnt, in jeder freien Sekunde, in der man vor 15 Jahren noch "wartete" (nachdachte, etwas beobachtete oder einfach Langeweile hatte und seinen Gedanken nachging), das Teil zu zücken, schnell nach Benachrichtigungen zu gucken und direkt zu antworten. Wenn keine Nachrichten auftauchen, ist das natürlich auch kein Problem. Wir haben Endlos-Foren, die uns bei Bedarf von morgens bis abends mit Scheiße vollpumpen, die wir nie sehen wollten, uns aber aus irgendwelchen Gründen Dopaminausschüttungen geben. "Irgendwelche Gründe" sind in dem Fall Installationen aus Forschungen der Betreiber erwähnter Foren, die darauf ausgerichtet sind, uns so lange wie möglich dort zu halten. Und weil das alles so viel Dopamin ausschüttet, ertragen wir es nicht, wenn eine Unterhaltung mal etwas langweiliger ist als üblich sondern zücken währenddessen unser Smartphone und lunzen mit einem Auge auf den Datenmüll, um ihn uns während des Gesprächs in die Rüstung zu schmieren.

Natürlich war das Gerät ursprünglich als Erleichterung gedacht. Man hatte zunächst die Möglichkeit, auch unterwegs erreichbar zu sein, konnte jemanden anrufen oder angerufen werden. Irgendwann kamen Textnachrichten dazu. Anstelle von Postkarten schrieb man sich irgendwann für unglaublich günstige 19ct pro Nachricht max. 160 Zeichen. Als das Internet längst im Zuhause Einzug gehalten hatte und E-Mails das Kommunikationsmittel der Wahl waren, war es dann auch unterwegs möglich, die E-Mails abzurufen und zu beantworten. Besonders im beruflichen Umfeld waren diese Errungenschaften schnell nicht mehr wegzudenken.

Mit zunehmender Mobilität, günstigeren Flügen und insgesamt rasanter Globalisierung war es schnell möglich, mit Freunden und Verwandten über Ländergrenzen hinweg mittels diverser Plattformen seine Erlebnisse zu teilen, ohne jeden direkt adressieren zu müssen. Die Hürde, an Wissen zu kommen, war auf einmal so niedrig wie nie. Dazu kamen Videoportale mit denen man plötzlich Eindrücke in Bewegtbild an die ganze Welt schicken konnte. Kartendienste, die die ganze Welt mit beliebigem Detailgrad kartografierten. Suchmaschinen, um einen Überblick über die Internetseiten, Portale und Dienste zu behalten oder solche zu finden.

Diese Plattformen entwickelten sich rasch zu fetten Konzernen, die immer mehr Einfluss auf das Weltgeschehen hatten. Parallel wurden die mobilen Geräte immer schlauer, die Nutzung der Plattformen komfortabler, die Konzerne gewitzter, Geheimdienste findiger und, wie mir scheint, die Nutzer der Technologie immer unreflektierter. Ich weiß wovon ich rede, ich bin einer davon.

In letzter Zeit habe ich den Eindruck, dass die Welt um mich herum sich nach Entschleunigung sehnt. Immer erreichbar zu sein, schlaucht. Die Möglichkeit, Treffen 5 Minuten vorher abzusagen, nimmt Verbindlichkeit. Informationen verschiedenster Quellen pressen sich einem mit Hochdruck mitten ins Gesicht. Eine Unterhaltung, gar mit einem Fremden, ist kaum mehr möglich weil alle mit Stöpseln in den Ohren, auf ihr Smartphone schauend, apathisch umherwandeln, den nächsten Dopaminschub nur ein Video entfernt. Man tut alles, um die Leere nicht ertragen zu müssen, sich mit seinen eigenen Gedanken beschäftigen zu müssen.

Naja, kann man wohl nichts machen.


Nun wollte ich eigentlich einen Beitrag zur Technologie im Allgemeinen erstellen und keine Tiraden über die Entwicklung und das Konsumieren von Medien oder den Umgang mit unseren Smartphones von mir geben. Schon gar nicht so ein philosophisch angehauchtes Stück Text. So kanns gehen.